Copyright © by IGZD. Alle Rechte vorbehalten.
Enstehung der Geo- Datenbank (ehem. Militärgeschichte DDR bei geschichtsspuren.de) Kapitel 1 Meine Heimatstadt Lutherstadt Wittenberg war Garnisonstadt der sowjetischen Armee. Eine Vielzahl Kasernen, Wohnsiedlungen und anderen militärischen Objekten prägten das Stadtbild sowie das Umland seit 1945 bis ins Jahr 1993 intensiv. Sowjetische Kraft- fahrzeuge waren ständig präsent. Man sah, hörte und roch sie; die Abgase hatten ihre eigene, markante Duftnote. Im Stadtzentrum gab es eine große Schule für die Kinder der sowjetischen Offiziersfamilien sowie einen russischen Laden in dem auch wir DDR-Bürger einkaufen durften. In meiner frühen Kindheit rasselten noch sowjetische Kampfpanzer vom Typ T-62? die damalige Ernst-Thälmannstraße entlang. Danach wies die Kopfsteinpflasterstraße markante Löcher auf; ganze Steine fehlten. Sowjetische Kampfflugzeuge durchbrachen mehrmals wöchentlich die Schallmauer über Wittenberg so, dass die Wände und Fensterscheiben der Plattenbauten wackelten. Faszinierend und erschreckend zu gleich. Entsinnen kann ich mich ebenfalls, dass wir als Schüler im Dezember 1979 der Verabschiedung einer sowjetischen Panzereinheit am Bahnhof in Wittenberg beiwohnten (Bild 1 + 2). Gelegentlich bekamen wir Kinder auch die von uns begehrten, kleineren Abzeichen- auf die Frage nach “Snatschok”- von sowjetischen Soldaten geschenkt. Mit der AG “Junge Sanitäter” besuchten wir mehrmals Schüler in der russischen Schule und im jugendlichen Alter durften/ mussten wir im Rahmen der Gesellschaft für Deutsch- Sowjetische Freundschaft (DSF) einem Schießen sowjetischer Soldaten mit Maschinenpistole Kalaschnikow auf dem Schießplatz nahe der Ortschaft Trajuhn beiwohnen. Wie das so ist, alles was verboten war... weckt bei einigen Kindern erst recht den Reiz dies zu erkunden. Und verboten war fast alles, was mit den sowjetischen Kasernen zu tun hatte. Fotografieren und betreten sowieso. Kapitel 2 Ein weiteres Interesse wurde irgendwann in mir geweckt. Wanderkarten und Auto- atlanten- der Reiz irgendwie von A nach B zu kommen und Dinge zu sehen, die in diversen Karten verzeichnet waren- oder eben auch oftmals festzustellen, dass im Gelände vor mir etwas lag was auf der Karte nicht eingezeichnet war. Rund 15 Jahre später sollten andere Personen über dieses Phänomen unter anderem diese Publikation verfassen >>> Klick Im Frühjahr 1990 schritt die politische Wende in der DDR weiter voran. Ich war gerade 19 Jahre jung und bekam Zutritt zu einem Kartenlager im Stabsgebäude einer NVA- Kaserne. Nicht, um mich weiterzubilden, nein- tausende topographische Karten sollten vernichtet, damals am Standort im Heizhaus verbrannt werden. Zweimal am Tag wurde ich in der Kartenstelle eingeschlossen und hatte dadurch zum ersten Mal in meinem Leben Zeit, mich mit den detailreichen Einträgen der bedruckten Kartenblätter zu befassen. Das war kein Vergleich zu den zivilen Land- und Wanderkarten die es bis dahin in der DDR zu kaufen gab. Ab diesem Zeitpunkt begann ich, topografische Karten zu sammeln. Ich bewahrte, verbotenerweise, einige hundert Exemplare vor der in meinen Augen sinnlosen Vernichtung und führte das ehemalige Volkseigentum in meinen privaten Besitz über. Am Ende des Frühsommers 90, nach unzähligen Tagen und Wochen im Kartenlager, war auch das egal. Nimm Dir welche mit- hieß es nun. Es interessierte jetzt niemanden mehr in der untergehenden Nationalen Volksarmee, es ging drunter und drüber. Junge Offiziere im Dienstgrad Unterleutnant bis Leutnant standen Wache und liefen im Objekt Streife. Sie verlegten Steckdosen auf einzelne Postentürme und schlossen daran Kaffeemaschinen an- früher undenkbar. Wehrpflichtige Soldaten gab es kaum bis gar nicht mehr- der größte Teil war in die noch vorhandene Volkswirtschaft entlassen. Es war eine aufregende Zeit. Zwischenzeitlich kam mir in den Sinn, rein privat für mich allein, eine Übersicht über militärische Liegenschaften auf dem ehemaligen Gebiet der DDR anzufertigen; wo gab es so etwas schon? Die Objekte wollte ich im “Atlas für Motortouristik” (Bild 3) handschriftlich eintragen. Die Euphorie verflog schnell. Der Maßstab war zu klein, die Objekte vielzählig. Einige Zeit nach der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten, ich war nun glücklicher Besitzer einer kleinen Kartensammlung rein topgrafischer Karten, wurde in einer nun der Bundeswehr gehörenden Liegenschaft eingebrochen; genauer gesagt in eine verbunkerte Vermittlungszentrale. Die dazugehörige Kaserne war aufgelöst und verlassen. Die technischen Geräte in der Vermittlung arbeiten autark- wurden bis zu dem Einbruch nur durch eine Streife sporadisch überprüft. So kam es, dass Soldaten unserer Einheit abgestellt wurden um dieses 35 km entfernte Objekt ab sofort im 24 Stunden Rhythmus zu bewachen. Ein Kamerad welcher dorthin abgestellt wurde, sagte mir eines Tages, dass dort auch Karten herum liegen. Natürlich fuhr ich hin. Auf meinem Rundgang im Objekt bot sich ein Bild der Zerstörung und Verwüstung. Türen und Fenster waren herausgerissen, letztes vorhandenes Mobiliar zerkloppt. Und dann war da dieser ca. 50m² große Raum auf dessen Boden Bücher und topografische Karten wild durcheinander lagen. Andere Personen waren über die Berge schon drüber gelaufen, erkennbar an Fußabtritten und markanten Beschädigungen. Aber es waren keine Karten wie ich sie kannte sondern diese waren spezieller. Topografische Karten mit Sonderdruck (Bild 4 + 5). Kapitel 3 Die dienstlich gelieferten GPS-Empfänger von Rockwell Collins (PLGR) waren Mangelware, groß und schwer außerdem. Das Kartengerät (Bild 6a) der Fahrzeugnavigationsanlage FOA 50 der Firma Teldix war fest in Fahrzeugen verbaut und nicht für den tragbaren Einsatz konzipiert. Erfreulicherweise kamen im Jahr 1993/94 die ersten zivilen GPS-Empfänger auf den deutschen Markt. Es war faszinierend. Irgendwo da oben flogen Satelliten umher und man konnte seinen Standort auf damals 10 bis 100 Meter bestimmen. Allerdings zeigten diese Geräte nicht wie heute den Standort auf einer digitalen Karte sondern “nur” Koordinaten an welche der Nutzer nun auf eine Karte aus Papier übertragen musste. Vor allem konnte man Wegpunkte und Tracks speichern. Das heißt, man konnte Liegenschaften, welche in keiner Karte eingetragen waren, grob vermessen. Anfänglich war der Speicher der Geräte sehr beschränkt und eine geeignete Software zum Auslesen der Daten gab es erst später. Die Daten konnten erst einmal auf Diskette mit “gigantischen” 1,44 MB Speicherplatz gespeichert werden. Das Garmin 75 (Bild 6) kostete anfänglich über 1500 DM (SONY Pyxis 760 sogar 3000 DM). Das 75er Garmin war ähnlich groß und schwer wie das PLGR von Rockwell, , dafür robust und mit beleuchteten Tasten ausgestattet welche man auch mit Handschuhen bedienen konnte. Glücklicherweise bekam ich ein Garmin 75 als Leihgabe. Beim ersten Testbetrieb im Wald auf einem Übungsplatz dachte ich jedoch, das Gerät sei defekt. Es zeigte keinen Satellitenempfang und somit auch keine Standortkoordinaten an. Der Empfänger funktionierte damals nur gut unter freiem Himmel, was ich an diesem Tag erst lernen durfte, und konnte max. 8 Satelliten verfolgen- kein Vergleich zu heutigen Geräten. Das betreten (befahren) und fotografieren russischer Liegenschaften wurde mir im Frühjahr 1993 zum Verhängnis. An einem Sonntagvormittag nahm mich eine russische Streife auf deren größten Militärflugplatz nahe Sperenberg (Bild 7 + 8) fest. “Erfreulicherweise” hatte ich meinen Dienstausweis, Kartenmaterial vom Flugplatz, einen Fotoapparat und einiges mehr bei mir. (Auszüge Protokoll der Festnahme Bild 9/10 sowie Skizze für MAD Bild 11) Der Vorwurf der Spionage stand im Raum. Nach mehrstündiger Befragung auf dem Fliegerhorst Sperenberg und später im Oberkommando der WGT in Wünsdorf (inklusive kostenfreiem Mittag- und Abendessen) wurde ich in den frühen Nachtstunden mitsamt meinem Motorrad nach Zossen gefahren und der dortigen deutschen Polizei übergeben. Am Montag klingelte dann in der Kaserne bei meinem Chef das Telefon- die Russen hatten die erfolgreiche Festnahme eines “Aufklärungsunteroffiziers des Stabes” im Radio gemeldet. Der MAD ermittelte in der kommenden Zeit nun seinerseits, ob mir die Gegenseite ein “Angebot” auf Grund meiner Festnahme unterbreitet hatte. Kapitel 4 Ebenfalls 1993 wurde es digital, setzten sich erste Mobiltelefone in der Größe einer kleinen Aktentasche für das damalige C- Netz durch. Minutenpreise von knapp 2 DM tagsüber waren normal. Ein Jahr später, 1994, führte die Bundeswehr das digitale Kartenprogramm MilGeo-PCMAP ein (Bild 12). Super! Karten von Deutschland im Maßstab 1:50 000 auf 18 CD´s. Und: man konnte Zeichnungen in Form von Flächen, Symbolen und vieles mehr einfügen. Die früher angedachte und verworfene Datenbank nahm nun erstmalig ihren Lauf. Ich trug die Liegenschaften ein, die ich aus mir bekannten Gegenden kannte und neue, zu denen ich vor Ort Informationen erhielt. Eine Suche im Internet, so wie man sie heute kennt, war nicht möglich. Es gab langsame Notebooks mit Windows NT 3.1 und Modems mit einer Datenrate..... ein einziges Bild (ca. 1 MB) herunterladen dauerte MI-NU-TEN; ganz abgesehen von den Geräuschen die das Modem dabei machte (krchzpiepkrchzrauschrkchz... >>> Klick) Der Vorteil war, man wurde nicht mit in Massen verfügbaren (unwichtigen) Informationen erschlagen wie es heute der Fall ist. Die Medienwelt war diesbezüglich etwas ruhiger. Einige Jahre später wurde für den zivilen Markt eine CD- Reihe mit dem Namen Top50 herausgegeben. Diese basierte auf der von EADS programmierten militärischen Version von MilGeo-PCMAP. Das zivile Programm war etwas abgespeckt; jedoch ließen sich die selbst erstellten Einträge der bisher erstellten Datenbank problemlos ex- und importieren. Je mehr Einträge die Datenbank erhielt, umso langsamer wurde der Kartenaufbau bei der Nutzung des Programm´s. Im Jahr 2003 entdeckte ich durch einen Tipp das Programm TTQV (Bild 13). Bis dahin nutzte ich unterwegs Fugawi in Verbindung mit einem GPS-Empfänger. Der Vorteil von TTQV lag darin, dass sich neben den digitalen Karten des Programms Top50 auch unzählige andere Kartenformate importieren ließen- später auch Luftbilder aus Google-Earth oder hochauflösende CIR- Aufnahmen. Außerdem lief der Bildaufbau im Vergleich zu den anderen beiden Programmen merklich flotter. Es gab nur ein Problem, die erstellte Datenbank ließ sich nicht importieren. Also, alle Einträge noch einmal per Hand neu eingetragen; denn eine Zeichnen- Funktion besaß TTQV auch. Kapitel 5 Im Jahr 2005 bekam ich Kenntnis von speziellen Kartensätzen zweier ehemaliger Ministerien sowie Kartensätze aus dem Bereich des Nationalen Verteidigungsrates der DDR. Das was ich privat angefangen hatte, hatten Stabsoffiziere des Ministeriums für Staatssicherheit und des Ministeriums für Nationale Verteidigung in jahrelanger Kleinarbeit schon zusammengetragen. In tausenden topographischen Karten verschiedener Jahrgänge in den Maßstäben 1:10, 1:25 und 1:50 000 wurden mittels Buntstiften in der Karte sowie mittels wasserfesten Stiften auf darüber liegenden Folien tausende Objekte (Kasernen, Übungsplätze, Rüstungsbetriebe, Baumaßnahmen, Bunker) welche eine strategische Bedeutung besaßen uvm. (Bild 14) eingetragen und in zugehörigen Listen mit der jeweiligen Beschreibung katalogisiert. Ein Teil dieser Karten war im Ministerium für Nationale Verteidigung MfNV in Strausberg vernichtet wurden. Ein anderer Teil lag schon im Container bereit zum Schreddern; bis ein Mitarbeiter beschloss diesen Teil unserer deutschen Geschichte zu erhalten und die Kartensätze vor der Vernichtung rettete. Ein Teil dieser Kartensätze wanderte in Privatbesitz (das nennt sich dann Privatarchiv), einige Karten wechselten für Geld verschiedene Besitzer die heute wie die Henne auf dem Ei darauf sitzen bis sie von der Stange fallen. Andere, ähnliche Kartensätze liegen in Archiven für jeden frei zugänglich. Einige konnten jedoch nicht vor der Vernichtung bewahrt werden und sind für immer verloren. Kapitel 6 Zwischenzeitlich wurde das Internet umfangreicher und über schnellere Datenleitungen zugänglich. Es gab etliche Internetforen welche sich der Thematik militärische “Lostplaces”, DDR, Bunker etc. widmeten. In den Foren gaben sich verschiedenste Gruppen oder Einzelpersonen die Klinke in die Hand; mal mehr Mal weniger freundlich- einfach mit dem Ziel sich gemeinschaftlich über gleiche Interessen zu unterhalten; aber auch um Informationen abzuschöpfen und gesammeltes Wissen in Teilen auch zu vermarkten. Das war der aus schlaggebende Zeitpunkt, um Teile der Geo- Datenbank Version 1 der Öffentlichkeit im Jahr 2008 auf geschichtsspuren.de als Download im kmz-Format zur Verfügung zu stellen.
Bild 1
Bild 2
Bild 3
Bild 4 / Karte der Passierbarkeit und des Pionierausbaus Wittenberg
Bild 12 / MilGeo-PCMAP mit einegzeichneten mil. Liegenschaften um Wittenberg
Bild 13 / TTQV4 mit TK25 (li) und CIR- Luftbild (re) mit mil. Ein- tragungen im Bereich Apollensberg, Lutherstadt Wittenberg
Bild 6b / Garmin 75
Bild 14
Bild 7 / Sperenberg 1993
Bild 5 / Karte des Fernmeldenetzes Wittenberg
Interessengemeinschaft Zeitgeschichte Deutschland 1998 - 2022
Bild 8 / Sprerenberg 1993
Bild 9 / Protokoll der Festnahme 1993
Bild 10 / Protokoll der beschlagnahmten Gegenstände
Bild 11 / Skizze für den MAD mit Ablauf der Festnahme
Bild 6a / Kartengerät FOA KG 25 (Prospekt Teldix)
Kartengerät der FOA 50 von Teldix/ Bosch
Bild 6a / Kartengerät FOA KG 25 in Nutzung
Copyright © by IGZD. Alle Rechte vorbehalten.
Enstehung der Geo- Datenbank (ehem. Militärgeschichte DDR veröffentlicht auf geschichtsspuren.de ) Kapitel 1 Meine Heimatstadt Lutherstadt Wittenberg war Garnisonstadt der sowjetischen Armee. Eine Viel- zahl Kasernen, Wohnsiedlungen und anderen mili- tärischen Objekten prägten das Stadtbild sowie das Umland seit 1945 bis ins Jahr 1993 intensiv. Sowjetische Kraftfahrzeuge waren ständig präsent. Man sah, hörte und roch sie; die Abgase hatten ihre eigene, markante Duftnote. Im Stadtzentrum gab es eine große Schule für die Kinder der sowjetischen Offiziersfamilien sowie einen russischen Laden in dem auch wir DDR-Bürger einkaufen durften. In meiner frühen Kindheit rasselten noch sowjetische Kampfpanzer vom Typ T-62? die damalige Ernst-Thälmannstraße entlang. Danach wies die Kopfsteinpflasterstraße markante Löcher auf; ganze Steine fehlten. Sowjetische Kampfflugzeuge durch- brachen mehrmals wöchentlich die Schallmauer über Wittenberg so, dass die Wände und Fenster- scheiben der Plattenbauten wackelten. Faszinierend und erschreckend zu gleich. Entsinnen kann ich mich ebenfalls, dass wir als Schüler im Dezember 1979 der Verabschiedung einer sowjetischen Panzerein- heit am Bahnhof in Wittenberg beiwohnten (Bild 1 + 2). Gelegentlich bekamen wir Kinder auch die von uns begehrten, kleineren Abzeichen- auf die Frage nach “Snatschok”- von sowjetischen Soldaten geschenkt. Mit der AG “Junge Sanitäter” besuchten wir mehrmals Schüler in der russischen Schule und im jugendlichen Alter durften/ mussten wir im Rahmen der Gesellschaft für Deutsch- Sowjetische Freundschaft DSF einem Schießen sowjetischer Soldaten mit Maschinenpistole Kalaschnikow auf dem Schießplatz nahe der Ortschaft Trajuhn bei- wohnen. Wie das so ist, alles was verboten war... weckt bei einigen Kindern erst recht den Reiz dies zu erkunden. Und verboten war fast alles, was mit den sowjetischen Kasernen zu tun hatte. Foto- grafieren und betreten sowieso. Kapitel 2 Ein weiteres Interesse wurde irgendwann in mir geweckt. Wanderkarten und Autoatlanten- der Reiz irgendwie von A nach B zu kommen und Dinge zu sehen, die in diversen Karten verzeichnet waren- oder eben auch oftmals festzustellen, dass im Gelände vor mir etwas lag was auf der Karte nicht eingezeichnet war. Rund 15 Jahre später sollten andere Personen über dieses Phänomen unter anderem diese Publikation verfassen. >>> Klick Im Frühjahr 1990 schritt die politische Wende in der DDR weiter voran. Ich war gerade 19 Jahre jung und bekam Zutritt zu einem Kartenlager im Stabsge- bäude einer NVA- Kaserne. Nicht, um mich weiter- zubilden, nein- tausende topographische Karten sollten vernichtet, damals am Standort im Heizhaus verbrannt werden. Zweimal am Tag wurde ich in der Kartenstelle eingeschlossen und hatte dadurch zum ersten Mal in meinem Leben Zeit, mich mit den detailreichen Einträgen der bedruckten Karten- blätter zu befassen. Das war kein Vergleich zu den zivilen Land- und Wanderkarten die es bis dahin in der DDR zu kaufen gab. Ab diesem Zeitpunkt begann ich, topografische Karten zu sammeln. Ich bewahrte, verbotenerweise, einige hundert Exemplare vor der in meinen Augen sinnlosen Vernichtung und führte das ehemalige Volkseigentum in meinen privaten Besitz über. Am Ende des Frühsommers 90, nach unzähligen Tagen und Wochen im Kartenlager, war auch das egal. Nimm Dir welche mit- hieß es nun. Es interessierte jetzt niemanden mehr in der untergehenden Nationalen Volksarmee, es ging drunter und drüber. Junge Offiziere im Dienstgrad Unterleutnant bis Leutnant standen Wache und liefen im Objekt Streife. Sie verlegten Steckdosen auf einzelne Postentürme und schlossen daran Kaffeemaschinen an- früher undenkbar. Wehrpflichtige Soldaten gab es kaum bis gar nicht mehr- der größte Teil war in die noch vorhandene Volkswirtschaft entlassen. Es war eine aufregende Zeit. Zwischenzeitlich kam mir in den Sinn, rein privat für mich allein, eine Übersicht über militärische Liegen- schaften auf dem ehemaligen Gebiet der DDR anzu- fertigen; wo gab es so etwas schon? Die Objekte wollte ich im “Atlas für Motortouristik” (Bild 3) hand- schriftlich eintragen. Die Euphorie verflog schnell. Der Maßstab war zu klein, die Objekte vielzählig. Einige Zeit nach der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten, ich war nun glücklicher Besitzer einer kleinen Kartensammlung rein topgrafischer Karten, wurde in einer nun der Bundeswehr ge- hörenden Liegenschaft eingebrochen; genauer ge- sagt in eine verbunkerte Vermittlungszentrale. Die dazugehörige Kaserne war aufgelöst und verlassen. Die technischen Geräte in der Vermittlung arbeiten autark- wurden bis zu dem Einbruch nur durch eine Streife sporadisch überprüft. So kam es, dass Soldaten unserer Einheit abgestellt wurden um dieses 35 km entfernte Objekt ab sofort im 24-Stunden Rhythmus zu bewachen. Ein Kamerad welcher dorthin abgestellt wurde, sagte mir eines Tages, dass dort auch Karten herum liegen. Natür- lich fuhr ich hin. Auf meinem Rundgang im Objekt bot sich ein Bild der Zerstörung und Verwüstung. Türen und Fenster waren herausgerissen, letztes vorhandenes Mobiliar zerkloppt. Und dann war da dieser ca. 50m² große Raum auf dessen Boden Bücher und topografische Karten wild durcheinan- der lagen. Andere Personen waren über die Berge schon drüber gelaufen, erkennbar an Fußabtritten und markanten Beschädigungen. Aber es waren keine Karten wie ich sie kannte sondern diese waren spezieller. Topografische Karten mit Sonderdruck, Pionier - und Fernmelde karten der NVA (Bild 4 + 5). Kapitel 3 Die dienstlich gelieferten GPS-Empfänger von Rockwell Collins (PLGR) waren Mangelware, groß und schwer außerdem. Das Kartengerät (Bild 6a) der Fahrzeugnavigationsanlage FOA 50 der Firma Teldix war fest in Fahrzeugen verbaut und nicht für den tragbaren Einsatz konzipiert. Erfreulicherweise kamen im Jahr 1993/94 die ersten zivilen GPS- Empfänger auf den deutschen Markt. Es war faszi- nierend. Irgendwo da oben flogen Satelliten umher und man konnte seinen Standort auf damals 10 bis 100 Meter bestimmen. Allerdings zeigten diese Geräte nicht wie heute den Standort auf einer digitalen Karte sondern “nur” Koordinaten an welche der Nutzer nun auf eine Karte aus Papier übertragen musste. Vor allem konnte man Weg- punkte und Tracks speichern. Das heißt, man konnte Liegenschaften, welche in keiner Karte eingetragen waren, grob vermessen. Anfänglich war der Speicher der Geräte sehr beschränkt und eine ge- eignete Software zum Auslesen der Daten gab es erst später. Die Daten konnten erst einmal auf Diskette mit “gigantischen” 1,44 MB Speicherplatz gespeichert werden. Das Garmin 75 (Bild 6) kostete anfänglich über 1500 DM (SONY Pyxis 760 sogar 3000 DM). Das 75er Garmin war ähnlich groß und schwer wie das PLGR von Rockwell, dafür robust und mit beleuchteten Tasten ausgestattet welche man auch mit Handschuhen bedienen konnte. Glücklicherweise bekam ich ein Garmin 75 als Leih- gabe. Beim ersten Testbetrieb im Wald auf einem Übungsplatz dachte ich jedoch, das Gerät sei defekt. Es zeigte keinen Satellitenempfang und somit auch keine Standortkoordinaten an. Der Empfänger funktionierte damals nur gut unter freiem Himmel, was ich an diesem Tag erst lernen durfte, und konnte max. 8 Satelliten verfolgen- kein Vergleich zu heutigen Geräten. Das betreten (befahren) und fotografieren russischer Liegenschaften wurde mir im Frühjahr 1993 zum Verhängnis. An einem Sonntagvormittag nahm mich eine russische Streife auf deren größten Militärflugplatz nahe Sperenberg (Bild 7 + 8) fest. “Erfreulicherweise” hatte ich meinen Dienstausweis, Kartenmaterial vom Flugplatz, einen Fotoapparat und einiges mehr bei mir. (Auszüge Protokoll der Festnahme Bild 9/10 sowie Skizze für MAD Bild 11) Der Vorwurf der Spionage stand im Raum. Nach mehrstündiger Befragung auf dem Fliegerhorst Sperenberg und später im Oberkommando der WGT in Wünsdorf (inklusive kostenfreiem Mittag- und Abendessen) wurde ich in den frühen Nachtstunden mitsamt meinem Motorrad nach Zossen gefahren und der dortigen deutschen Polizei übergeben. Am Montag klingelte dann in der Kaserne bei meinem Chef das Telefon- die Russen hatten die erfolgreiche Festnahme eines “Aufklärungsunteroffiziers des Stabes” im Radio gemeldet. Der MAD ermittelte in der kommenden Zeit nun seinerseits, ob mir die Gegenseite ein “Angebot” auf Grund meiner Festnahme unterbreitet hatte. Kapitel 4 Ebenfalls 1993 wurde es digital, setzten sich erste Mobiltelefone in der Größe einer kleinen Akten- tasche für das damalige C- Netz durch. Minuten- preise von knapp 2 DM tagsüber waren normal. Ein Jahr später, 1994, führte die Bundeswehr das digitale Kartenprogramm MilGeo-PCMAP ein (Bild 12). Super! Karten von Deutschland im Maß- stab 1:50 000 auf 18 CD´s. Und: man konnte Zeich- nungen in Form von Flächen, Symbolen und vieles mehr einfügen. Die früher angedachte und verwor- fene Datenbank nahm nun erstmalig ihren Lauf. Ich trug die Liegenschaften ein, die ich aus mir bekann- ten Gegenden kannte und neue, zu denen ich vor Ort Informationen erhielt. Eine Suche im Internet, so wie man sie heute kennt, war nicht möglich. Es gab langsame Notebooks mit Windows NT 3.1 und Modems mit einer Datenrate..... ein einziges Bild (ca. 1 MB) herunterladen dauerte MI-NU-TEN; ganz abgesehen von den Geräuschen die das Modem dabei machte (krchzpiepkrchzrauschrkchz… >>> Klick) Der Vorteil war, man wurde nicht mit in Massen ver- fügbaren (unwichtigen) Informationen erschlagen wie es heute der Fall ist. Die Medienwelt war dies- bezüglich etwas ruhiger. Einige Jahre später wurde für den zivilen Markt eine CD- Reihe mit dem Namen Top50 herausgegeben. Diese basierte auf der von EADS programmierten militärischen Version von MilGeo-PCMAP. Das zivile Programm war etwas abgespeckt; jedoch ließen sich die selbst erstellten Einträge der bisher erstellten Datenbank problemlos ex- und importieren. Je mehr Einträge die Datenbank erhielt, umso lang- samer wurde der Kartenaufbau bei der Nutzung des Programm´s. Im Jahr 2003 entdeckte ich durch einen Tipp das Programm TTQV (Bild 13). Bis dahin nutzte ich unterwegs Fugawi in Verbin- dung mit einem GPS-Empfänger. Der Vorteil von TTQV lag darin, dass sich neben den digitalen Karten des Programms Top50 auch unzählige andere Kartenformate importieren ließen- später auch L uftbilder aus Google-Earth oder hochauflösende CIR- Aufnahmen. Außerdem lief der Bildaufbau im Vergleich zu den anderen beiden Programmen merklich flotter. Es gab nur ein Problem, die erstellte Datenbank ließ sich nicht importieren. Also, alle Einträge noch einmal per Hand neu eingetragen; denn eine Zeichnen- Funktion besaß TTQV auch. Kapitel 5 Im Jahr 2005 bekam ich Kenntnis von speziellen Kartensätzen zweier ehemaliger Ministerien sowie Kartensätze aus dem Bereich des Nationalen Verteidigungsrates der DDR. Das was ich privat ange- fangen hatte, hatten Stabsoffiziere des Ministeriums für Staatssicherheit und des Ministeriums für Nationale Verteidigung in jahrelanger Kleinarbeit schon zusammengetragen. In tausenden topo- graphischen Karten verschiedener Jahrgänge in den Maßstäben 1:10, 1:25 und 1:50 000 wurden mittels Buntstiften in der Karte sowie mittels wasserfesten Stiften auf darüber liegenden Folien tausende Objekte (Kasernen, Übungsplätze, Rüstungsbetriebe, Baumaßnahmen, Bunker) welche eine strategische Bedeutung besaßen uvm. (Bild 14) eingetragen und in zugehörigen Listen mit der jeweiligen Beschreibung katalogisiert. Ein Teil dieser Karten war im Ministerium für Nationale Verteidigung MfNV in Strausberg vernichtet wurden. Ein anderer Teil lag schon im Container bereit zum Schreddern; bis ein Mitarbeiter beschloss diesen Teil unserer deutschen Geschichte zu erhalten und die Karten- sätze vor der Vernichtung rettete. Ein Teil dieser Kartensätze wanderte in Privatbesitz (das nennt sich dann Privatarchiv), einige Karten wechselten für Geld verschiedene Besitzer die heute wie die Henne auf dem Ei darauf sitzen bis sie von der Stange fallen. Andere, ähnliche Kartensätze liegen in Archiven für jeden frei zugänglich. Einige konnten jedoch nicht vor der Vernichtung bewahrt werden und sind für immer verloren. Kapitel 6 Zwischenzeitlich wurde das Internet umfangreicher und über schnellere Datenleitungen zugänglich. Es gab etliche Internetforen welche sich der Thematik militärische “Lostplaces”, DDR, Bunker etc. widme- ten. In den Foren gaben sich verschiedenste Grup- pen oder Einzelpersonen die Klinke in die Hand; mal mehr Mal weniger freundlich- einfach mit dem Ziel sich gemeinschaftlich über gleiche Interessen zu unterhalten; aber auch um Informationen abzu- schöpfen und gesammeltes Wissen in Teilen auch zu vermarkten. Das war der ausschlaggebende Zeit- punkt, um Teile der Geo- Datenbank Version 1 der Öffentlichkeit im Jahr 2008 auf geschichtsspuren.de als Download im kmz-Format zur Verfügung zu stellen.
Bild 1
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Bild 4 / Karte der Passierbarkeit und des Pionierausbaus Wittenberg
Bild 12 / MilGeo-PCMAP mit einegzeichneten mil. Liegenschaften um Wittenberg
Bild 13 / TTQV4 mit TK25 (li) und CIR- Luftbild (re) mit mil. Ein- tragungen im Bereich Apollensberg, Lutherstadt Wittenberg
Bild 6b / Garmin 75
Bild 14
Bild 7 / Sperenberg 1993
Bild 5 / Karte des Fernmeldenetzes Wittenberg
Interessengemeinschaft Zeitgeschichte Deutschland 1998 - 2022
Bild 8 / Sprerenberg 1993
Bild 9 / Protokoll der Festnahme 1993
Bild 10 / Protokoll der beschlagnahmten Gegenstände
Bild 11 / Skizze für den MAD mit Ablauf der Festnahme
Kartengerät der FOA 50 von Teldix/ Bosch
Bild 6a / Kartengerät FOA KG 25 (Prospekt Teldix)
Bild 6a / Kartengerät FOA KG 25 in Nutzung
Ziele Ziele Unterstützung Unterstützung Entstehung Entstehung Software Software Rechtl. Hinweise Rechtl. Hinweise Kontakt Kontakt
Bild 1
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Bild 4 / Karte der Passierbarkeit und des Pionierausbaus Wittenberg
Bild 12 / MilGeo-PCMAP mit einegzeichneten mil. Liegenschaften um Wittenberg
Bild 13 / TTQV4 mit TK25 (li) und CIR- Luftbild (re) mit mil. Eintragungen im Bereich Apollensberg, Lutherstadt Wittenberg
Bild 6b / Garmin 75
Bild 14
Bild 7 / Sperenberg 1993
Bild 5 / Karte des Fernmeldenetzes Wittenberg
Interessengemeinschaft Zeitgeschichte Deutschland 1998 - 2022
Bild 8 / Sprerenberg 1993
Bild 9 / Protokoll der Festnahme 1993
Bild 10 / Protokoll der beschlagnahmten Gegenstände
Bild 11 / Skizze für den MAD mit Ablauf der Festnahme
Bild 6a / Kartengerät FOA KG 25 (Prospekt Teldix)
Kartengerät der FOA 50 von Teldix/ Bosch
Bild 6a / Kartengerät FOA KG 25 in Nutzung
Enstehung der Geo- Datenbank (ehem. Militärgeschichte DDR veröffentlicht auf geschichtsspuren.de ) Kapitel 1 Meine Heimatstadt Lutherstadt Wittenberg war Garnisonstadt der sowjetischen Armee. Eine Vielzahl Kasernen, Wohnsiedlungen und anderen militärischen Objekten prägten das Stadtbild sowie das Umland seit 1945 bis ins Jahr 1993 intensiv. Sowjetische Kraftfahrzeuge waren ständig präsent. Man sah, hörte und roch sie; die Abgase hatten ihre eigene, markante Duftnote. Im Stadtzentrum gab es eine große Schule für die Kinder der sowjetischen Offiziersfamilien sowie einen russischen Laden in dem auch wir DDR-Bürger einkaufen durften. In meiner frühen Kindheit rasselten noch sowjetische Kampfpanzer vom Typ T-62? die damalige Ernst-Thälmannstraße entlang. Danach wies die Kopfsteinpflasterstraße markante Löcher auf; ganze Steine fehlten. Sowjetische Kampfflugzeuge durchbrachen mehrmals wöchentlich die Schallmauer über Wittenberg so, dass die Wände und Fensterscheiben der Plattenbauten wackelten. Faszinierend und erschreckend zu gleich. Entsinnen kann ich mich ebenfalls, dass wir als Schüler im Dezember 1979 der Verabschiedung einer sowjetischen Panzereinheit am Bahnhof in Wittenberg beiwohnten (Bild 1 + 2). Gelegentlich bekamen wir Kinder auch die von uns begehrten, kleineren Abzeichen- auf die Frage nach “Snatschok”- von sowjetischen Soldaten geschenkt. Mit der AG “Junge Sanitäter” besuchten wir mehrmals Schüler in der russischen Schule und im jugendlichen Alter durften/ mussten wir im Rahmen der Gesellschaft für Deutsch- Sowjetische Freundschaft DSF einem Schießen sowjetischer Soldaten mit Maschinenpistole Kalaschnikow auf dem Schießplatz nahe der Ortschaft Trajuhn beiwohnen. Wie das so ist, alles was verboten war... weckt bei einigen Kindern erst recht den Reiz dies zu erkunden. Und verboten war fast alles, was mit den sowjetischen Kasernen zu tun hatte. Fotografieren und betreten sowieso. Kapitel 2 Ein weiteres Interesse wurde irgendwann in mir geweckt. Wanderkarten und Autoatlanten- der Reiz irgendwie von A nach B zu kommen und Dinge zu sehen, die in diversen Karten verzeichnet waren- oder eben auch oftmals festzustellen, dass im Gelände vor mir etwas lag was auf der Karte nicht eingezeichnet war. Rund 15 Jahre später sollten andere Personen über dieses Phänomen unter anderem diese Publikation verfassen. >>> Klick Im Frühjahr 1990 schritt die politische Wende in der DDR weiter voran. Ich war gerade 19 Jahre jung und bekam Zutritt zu einem Kartenlager im Stabsgebäude einer NVA- Kaserne. Nicht, um mich weiterzubilden, nein- tausende topogra- phische Karten sollten vernichtet, damals am Standort im Heizhaus verbrannt werden. Zweimal am Tag wurde ich in der Kartenstelle eingeschlossen und hatte dadurch zum ersten Mal in meinem Leben Zeit, mich mit den detailreichen Einträgen der bedruckten Kartenblätter zu befassen. Das war kein Vergleich zu den zivilen Land- und Wanderkarten die es bis dahin in der DDR zu kaufen gab. Ab diesem Zeitpunkt begann ich, topografische Karten zu sammeln. Ich bewahrte, verbotenerweise, einige hundert Exemplare vor der in meinen Augen sinnlosen Vernichtung und führte das ehemalige Volkseigentum in meinen privaten Besitz über. Am Ende des Frühsommers 90, nach unzähligen Tagen und Wochen im Kartenlager, war auch das egal. Nimm Dir welche mit- hieß es nun. Es interessierte jetzt niemanden mehr in der untergehenden Nationalen Volksarmee, es ging drunter und drüber. Junge Offiziere im Dienstgrad Unterleutnant bis Leutnant standen Wache und liefen im Objekt Streife. Sie verlegten Steckdosen auf einzelne Postentürme und schlossen daran Kaffeemaschinen an- früher undenkbar. Wehrpflichtige Soldaten gab es kaum bis gar nicht mehr- der größte Teil war in die noch vorhandene Volkswirtschaft entlassen. Es war eine aufregende Zeit. Zwischenzeitlich kam mir in den Sinn, rein privat für mich allein, eine Übersicht über militärische Liegen-schaften auf dem ehemaligen Gebiet der DDR anzufertigen; wo gab es so etwas schon? Die Objekte wollte ich im “Atlas für Motortouristik” (Bild 3) handschriftlich eintragen. Die Euphorie verflog schnell. Der Maßstab war zu klein, die Objekte vielzählig. Einige Zeit nach der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten, ich war nun glücklicher Besitzer einer kleinen Kartensammlung rein topgrafischer Karten, wurde in einer nun der Bundeswehr gehörenden Liegenschaft eingebrochen; genauer gesagt in eine verbunkerte Vermittlungszentrale. Die dazugehörige Kaserne war aufgelöst und verlassen. Die technischen Geräte in der Vermittlung arbeiten autark- wurden bis zu dem Einbruch nur durch eine Streife sporadisch überprüft. So kam es, dass Soldaten unserer Einheit abgestellt wurden um dieses 35 km entfernte Objekt ab sofort im 24-Stunden Rhythmus zu bewachen. Ein Kamerad welcher dorthin abgestellt wurde, sagte mir eines Tages, dass dort auch Karten herum liegen. Natürlich fuhr ich hin. Auf meinem Rundgang im Objekt bot sich ein Bild der Zerstörung und Verwüstung. Türen und Fenster waren herausgerissen, letztes vorhandenes Mobiliar zerkloppt. Und dann war da dieser ca. 50m² große Raum auf dessen Boden Bücher und topografische Karten wild durcheinander lagen. Andere Personen waren über die Berge schon drüber gelaufen, erkennbar an Fußabtritten und markanten Beschädigungen. Aber es waren keine Karten wie ich sie kannte sondern diese waren spezieller. Topografische Karten mit Sonderdruck, Pionier - und Fernmelde karten der NVA (Bild 4 + 5). Kapitel 3 Die dienstlich gelieferten GPS-Empfänger von Rockwell Collins (PLGR) waren Mangelware, groß und schwer außerdem. Das Kartengerät (Bild 6a) der Fahr- zeugnavigationsanlage FOA 50 der Firma Teldix war fest in Fahrzeugen verbaut und nicht für den tragbaren Einsatz konzipiert. Erfreulicherweise kamen im Jahr 1993/94 die ersten zivilen GPS-Empfänger auf den deutschen Markt. Es war faszi- nierend. Irgendwo da oben flogen Satelliten umher und man konnte seinen Standort auf damals 10 bis 100 Meter bestimmen. Allerdings zeigten diese Geräte nicht wie heute den Standort auf einer digitalen Karte sondern “nur” Koordinaten an welche der Nutzer nun auf eine Karte aus Papier übertragen musste. Vor allem konnte man Wegpunkte und Tracks speichern. Das heißt, man konnte Liegenschaften, welche in keiner Karte eingetragen waren, grob vermessen. Anfänglich war der Speicher der Geräte sehr beschränkt und eine geeignete Software zum Auslesen der Daten gab es erst später. Die Daten konnten erst einmal auf Diskette mit “gigantischen” 1,44 MB Speicherplatz gespeichert werden. Das Garmin 75 (Bild 6) kostete anfänglich über 1500 DM (SONY Pyxis 760 sogar 3000 DM). Das 75er Garmin war ähnlich groß und schwer wie das PLGR von Rockwell, dafür robust und mit beleuchteten Tasten ausge- stattet welche man auch mit Handschuhen bedienen konnte. Glücklicherweise bekam ich ein Garmin 75 als Leihgabe. Beim ersten Testbetrieb im Wald auf einem Übungsplatz dachte ich jedoch, das Gerät sei defekt. Es zeigte keinen Satellitenempfang und somit auch keine Standortkoordinaten an. Der Empfänger funktionierte damals nur gut unter freiem Himmel, was ich an diesem Tag erst lernen durfte, und konnte max. 8 Satelliten verfolgen- kein Vergleich zu heutigen Geräten. Das betreten (befahren) und fotografieren russischer Liegenschaften wurde mir im Frühjahr 1993 zum Verhängnis. An einem Sonntagvormittag nahm mich eine russische Streife auf deren größten Militärflugplatz nahe Sperenberg (Bild 7 + 8) fest. “Erfreulicherweise” hatte ich meinen Dienstausweis, Kartenmaterial vom Flugplatz, einen Fotoapparat und einiges mehr bei mir. (Auszüge Protokoll der Festnahme Bild 9/10 sowie Skizze für MAD Bild 11)Der Vorwurf der Spionage stand im Raum. Nach mehrstündiger Befragung auf dem Fliegerhorst Sperenberg und später im Oberkommando der WGT in Wünsdorf (inklusive kostenfreiem Mittag- und Abendessen) wurde ich in den frühen Nachtstunden mitsamt meinem Motorrad nach Zossen gefahren und der dortigen deutschen Polizei übergeben. Am Montag klingelte dann in der Kaserne bei meinem Chef das Telefon- die Russen hatten die erfolgreiche Festnahme eines “ Aufklärungsunteroffiziers des Stabes” im Radio gemeldet. Der MAD ermittelte in der kommenden Zeit nun seinerseits, ob mir die Gegenseite ein “Angebot” auf Grund meiner Festnahme unterbreitet hatte. Kapitel 4 Ebenfalls 1993 wurde es digital, setzten sich erste Mobiltelefone in der Größe einer kleinen Aktentasche für das damalige C- Netz durch. Minutenpreise von knapp 2 DM tagsüber waren normal. Ein Jahr später, 1994, führte die Bundeswehr das digitale Kartenprogramm MilGeo-PCMAP ein (Bild 12). Super! Karten von Deutschland im Maßstab 1:50 000 auf 18 CD´s. Und: man konnte Zeichnungen in Form von Flächen, Symbolen und vieles mehr einfügen. Die früher angedachte und verworfene Datenbank nahm nun erstmalig ihren Lauf. Ich trug die Liegen- schaften ein, die ich aus mir bekannten Gegenden kannte und neue, zu denen ich vor Ort Informationen erhielt. Eine Suche im Internet, so wie man sie heute kennt, war nicht möglich. Es gab langsame Notebooks mit Windows NT 3.1 und Modems mit einer Datenrate..... ein einziges Bild (ca. 1 MB) herunterladen dauerte MI-NU-TEN; ganz abgesehen von den Geräuschen die das Modem dabei machte (krchzpiepkrchzrauschrkchz… >>> Klick) Der Vorteil war, man wurde nicht mit in Massen verfügbaren (unwichtigen) Informationen erschlagen wie es heute der Fall ist. Die Medienwelt war dies- bezüglich etwas ruhiger. Einige Jahre später wurde für den zivilen Markt eine CD- Reihe mit dem Namen Top50 herausgegeben. Diese basierte auf der von EADS programmierten militärischen Version von MilGeo-PCMAP. Das zivile Programm war etwas abgespeckt; jedoch ließen sich die selbst erstellten Einträge der bisher erstellten Datenbank problemlos ex- und importieren. Je mehr Einträge die Datenbank erhielt, umso lang-samer wurde der Kartenaufbau bei der Nutzung des Programm´s. Im Jahr 2003 entdeckte ich durch einen Tipp das Programm TTQV (Bild 13). Bis dahin nutzte ich unterwegs Fugawi in Verbindung mit einem GPS-Empfänger. Der Vorteil von TTQV lag darin, dass sich neben den digitalen Karten des Programms Top50 auch unzählige andere Kartenformate importieren ließen- später auch Luftbilder aus Google-Earth oder hochauflösende CIR- Aufnahmen. Außerdem lief der Bildaufbau im Vergleich zu den anderen beiden Programmen merklich flotter. Es gab nur ein Problem, die erstellte Datenbank ließ sich nicht importieren. Also, alle Einträge noch einmal per Hand neu eingetragen; denn eine Zeichnen- Funktion besaß TTQV auch. Kapitel 5 Im Jahr 2005 bekam ich Kenntnis von speziellen Kartensätzen zweier ehemaliger Ministerien sowie Kartensätze aus dem Bereich des Nationalen Verteidigungs- rates der DDR. Das was ich privat angefangen hatte, hatten Stabsoffiziere des Ministeriums für Staatssicherheit und des Ministeriums für Nationale Verteidigung in jahrelanger Kleinarbeit schon zusammengetragen. In tausenden topographischen Karten verschiedener Jahrgänge in den Maßstäben 1:10, 1:25 und 1:50 000 wurden mittels Buntstiften in der Karte sowie mittels wasserfesten Stiften auf darüber liegenden Folien tausende Objekte (Kasernen, Übungsplätze, Rüstungsbetriebe, Baumaßnahmen, Bunker) welche eine strategische Bedeutung besaßen uvm. (Bild 14) eingetragen und in zugehörigen Listen mit der jeweiligen Beschreibung katalogisiert. Ein Teil dieser Karten war im Ministerium für Nationale Verteidigung MfNV in Strausberg vernichtet wurden. Ein anderer Teil lag schon im Container bereit zum Schreddern; bis ein Mitarbeiter beschloss diesen Teil unserer deutschen Geschichte zu erhalten und die Kartensätze vor der Vernichtung rettete. Ein Teil dieser Kartensätze wanderte in Privatbesitz (das nennt sich dann Privat- archiv), einige Karten wechselten für Geld verschiedene Besitzer die heute wie die Henne auf dem Ei darauf sitzen bis sie von der Stange fallen. Andere, ähnliche Kartensätze liegen in Archiven für jeden frei zugänglich. Einige konnten jedoch nicht vor der Vernichtung bewahrt werden und sind für immer verloren. Kapitel 6 Zwischenzeitlich wurde das Internet umfangreicher und über schnellere Daten- leitungen zugänglich. Es gab etliche Internetforen welche sich der Thematik militärische “Lostplaces”, DDR, Bunker etc. widmeten. In den Foren gaben sich verschiedenste Gruppen oder Einzelpersonen die Klinke in die Hand; mal mehr Mal weniger freundlich- einfach mit dem Ziel sich gemeinschaftlich über gleiche Interessen zu unterhalten; aber auch um Informationen abzuschöpfen und ge- sammeltes Wissen in Teilen auch zu vermarkten. Das war der ausschlaggebende Zeitpunkt, um Teile der Geo- Datenbank Version 1 der Öffentlichkeit im Jahr 2008 auf geschichtsspuren.de als Download im kmz-Format zur Verfügung zu stellen.
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